"...forget about the price tag" | Was darf eine freie Trauung kosten?

Eine Frage die nie aus der Mode kommt, ist und bleibt die, nach dem Honorar.
Logisch – schließlich steht die Budgetkalkulation oft ganz am Anfang der Hochzeitsplanung. Aber wieviel muss man für eine Trauung einplanen? Schnäppchen oder Unverschämtheit? Die Übergänge sind scheinbar fließend und bei einer Beteiligung an Preisdiskussion in sozialen Netzwerken wird schnell klar: hier gilt es noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten.
Also Ärmel hochgekrempelt und Angefangen. Was ihr unbedingt wissen solltet…

Wieso ich?

Ja wieso soll ich eigentlich aufklären? Seit über 5 Jahren schon ist es mir wichtig für meinen Beruf und seine Anerkennung als eben dieser zu kämpfen. Es ist weit mehr als nur ein schönes Hobby.
Eure Trauung sollte mehr wert sein, als jemandes Freizeitgestaltung zulässt. Darum ist es wichtig, dass ihr erkennt und wisst, worauf bzw. auf wen ihr euch da einlasst. Ein Teil meines Engagements ist die regelmäßige Umfrage, die ich auch Ende 2018 wieder durchgeführt habe. Wozu? Um einen besseren Überblick für uns alle zu bekommen. Vielleicht nicht allumfassend und überall repräsentativ, aber doch eine kleine Kompassnadel für alle Brautpaare auf der Suche, als auch Kollegen und die die es vielleicht einmal werden wollen.

Die Umfrage

Die Zahl der Teilnehmer ist mit knapp 200 Trauredner größer denn je . Der Großteil ist dabei nachwievor nebenberuflich tätig. Das ist für euch als Brautpaar zunächst einmal bei der Terminvergabe spürbar.
Während hauptberufliche Trauredner weit über 30 Trauungen pro Saison durchführen, schaffen Kollegen in Nebentätigkeit ca. 10.
Mit einigen Samstagen zwischen Mai und September sind die auch ruckzuck vergeben. Terminflexibilität an Freitagen, Brücken- und Feiertagen kann dann schnell schwierig werden - das sehen wir selbst schon in unserem eigenen Team.
Zum Service gehört heutzutage viel Einsatzbereitschaft. Doch tolle Bilder von glücklichen Paaren machen den Beruf natürlich auch attraktiv und beliebt, weshalb der Nachwuchs nicht auf sich warten lässt. 25% der befragten Trauredner/innen sind erst seit ca. einem Jahr, in ihrer Mission Brautpaare unter die Haube zu bringen, unterwegs.

Wenn man sich die klaren Gewinner anschaut bei den insgesamt 15 Fragen wird eins klar: Wer sich 2019 mit einer freien Trauung das Ja-Wort gibt, wird dabei von einer Traurednerin begleitet, die ca. 15 Trauungen im Jahr seit 2016 durchführt. Vermutlich bietet sie noch eine Tätigkeit als Hochzeitsplanerin an und verlangt von euch ein Honorar von knapp 1000,- Euro.
Doch wer von euch ist schon gern Durchschnitt? Brautpaar wie Trauredner.
Also ist die Auswertung dann wohl doch nicht so einfach. Wer will, darf sich aber gern selbst ein Bild machen und etwas tiefer Hineintauchen in das Meer der Zahlen, die uns die Umfrage dargeboten hat.

Welcher Preis ist nun angemessen?

Natürlich haben wir auch das in unserer Umfrage erfasst. Eine durchschnittliche Traurede und deren Vorbereitungen liegen Ende 2018 bei einem Preis von 978,- Euro - für hauptberufliche Rednern bei 1065,-
Im Vergleich zu den Vorjahren, erkennen wir hier zwar einen leichten Preisanstieg, aber man sieht auch ein Leistungszuwachs bei allen Rednern. Mehr Gespräche, individuelle Rituale statt standardisierten Zeremonien und technische Geräte für einen perfekten Sound am schönsten Tag des Lebens. Das es viel mehr als nur ein paar warme Worte sind, die in 45 Minuten vorgetragen werden, wurde nie so deutlich wie in diesem Jahr. Nicht nur bei der Auswertung der Zahlen.
Denn auch das ist klar – Trauredner haben eine Menge Druck auszuhalten und viel Verantwortung. Was wäre schließlich eine Hochzeit ohne Trauzeremonie? Ohne Einzug der Braut? Ohne bewegende Worte, oder zwei laute Ja-Worte und einen Kuss mit tosendem Applaus? All die Gänsehautmomente, die uns schon beim Denken an den Hochzeitstag träumen lassen, finden sich in diesen „paar Minuten“ . In diesen muss euer Trauredner liefern.

Was darfs denn sein?

Wenn ihr jetzt immer noch Fragezeichen in den Augen habt, weil ihr nun nach wie vor nicht wisst, worauf ihr achten müsst, will ich die JETZT endlich Auflösen.
Einen guten Redner findet ihr am besten mit dem Song von Jessie J:
„We just wanna make the world dance. Forget about the price tag“.
Eure ersten Fragen sollten daher euch und eurem Bauchgefühl gebühren.
Was erwartet ihr von eurer Trauung?

Soll dort jemand stehen, der ein paar persönliche Dinge über euch erzählt?
Braucht ihr eine Ergänzung oder nur noch einmal das Gefühl einer Hochzeit, weil die Familie sich das so wünscht? Sicher ist dann ein Trauredner nicht eure oberste Priorität und ihr könnt euch absolut am Durchschnitt orientieren.
Achtet dann aber auf jeden Fall auf einen Vertrag und ein professionelles Auftreten, um keine böse Überraschung zu erleben.

Oder aber wollt ihr eine Trauung, nach der ihr und all eure Gäste aus dem Häuschen seid? Ein Feuerwerk an Emotionen – Lachen, Tränen, Gänsehaut? Etwas, dass nicht vergleichbar ist mit all den anderen Hochzeiten, auf denen ihr jemals gewesen seid?
Etwas Einmaliges und ganz besonderes?
Da sehen wir euch : )

Um so jemanden zu finden, ist die Einstiegsfrage nach dem Preis aber genauso schwierig, wie in einem Brautmodengeschäft. So sinken die Chancen, das Kleid eurer Träume anzuprobieren, genau wie den Redner für die perfekte Zeremonie zu finden.
Steckt euch daher lieber nur einen groben Rahmen und lasst Platz in alle Richtungen.
Ganz sicher ist es die richtige Rednerin, wenn ihr ihr begegnet, auch wert, dass ihr diesen Rahmen schlichtweg vergesst. Ihr werdet dann schon merken warum.

Worauf solltet ihr stattdessen achten?

Das Angebot an Traurednern ist in den letzten Jahren nicht kleiner geworden. Wenn ihr also nicht mit Hilfe des Preises aussieben wollt, dann müssen andere Kriterien her. Und welche sind das bitte?
Meiner Meinung nach Chemie, Erfahrung und Zeit.

Die Chemie muss stimmen, sonst wird’s für beide Seiten ein Krampf und das spürt man zu jeder Zeit. Bucht also nicht den erst besten der Zeit hat, sondern stöbert auf den Seiten in den (im Idealfall) selbstgeschriebenen Texten, Hörproben, Videos und Bildern, die euren Trauredner bei der Arbeit widerspiegeln. Gefällt euch was ihr seht? Dann ruft doch direkt mal an oder trefft euch. Seriöse Redner bieten das immer kostenfrei an. Wenn ihr viel gemeinsam lachen und schwatzen könnt, ist das ein untrügliches Zeichen dafür, dass man sich mag und das sollte in jedem Fall auf Gegenseitigkeit beruhen.
Erfahrung ist auch ein wichtiger Gradmesser. Je erfahrener ein Redner ist, desto souveräner kann er mit unvorhergesehenem umgehen. Extrawünsche, schwierige Situationen und Pannen – alles schon mal dagewesen. Das gibt ganz viel Sicherheit für künftige Hochzeiten und somit auch Sicherheit, die er an euch weitergeben kann. Denn mal ehrlich – ihr und eure Gäste seid doch an dem Tag der Tage schon aufgeregt genug. Jemand der Ruhe und Sicherheit auch bei bewölktem Himmel und nervösen Schwiegermüttern ausstrahlt, ist ein absoluter Gewinn für die gesamte Hochzeitsfeier.
Für all diese Dinge braucht man Zeit. Zeit für Vorgespräche – egal ob zum Kennenlernen oder um in die Tiefe zu gehen. Zeit um Erfahrung zu sammeln. Zeit damit Kreativität ihren Platz bekommt und Zeit um mit Trauzeugen, Freunden und Omis zu sprechen. Zeit um etwas zu schreiben, dass es vorher noch nie gab und auch nie wieder geben wird. Eure Geschichte.
Zeit ist wohl die größte Investition, die ein Redner für die Erfüllung seines Auftrags benötigt. Jeder Redner entscheidet daher selbst, wieviel seiner Zeit er in eure Trauung einbringt und das widerum schlägt sich dann natürlich in seinem Honorar bzw. eurer eignen Investition für eure Trauung nieder.

Des Pudels Kern – mein Fazit.

Es geht um Menschen, eure Träume und um ganz viel Verantwortung. Das macht die Suche nicht so einfach und Preisschilder so sinnwidrig.
Fangt daher frühzeitig an um so viel Auswahl wie möglich zu haben und so die Rednerin zu finden, die wirklich zu euch passt.

Anders als ein Brautmodenladen oder ein Fotograf, kann euch ein Redner aber nicht sein Endprodukt in die Hand geben oder anprobieren lassen. Ob eure Entscheidung richtig ist, seht ihr aber dennoch schon vor der Hochzeit.
Das Produkt eines jeden Trauredners heißt nämlich „Gefühle“.
Das Gefühl mit dem ihr in einen Hochzeitstag und eure Partynacht starten werdet. Das Gefühl mit dem ihr eure Ehe beginnt. Das Gefühl, dass ihr vielleicht selbst schon immer hattet, aber noch nie in Worte fassen konntet.
Das kann man nicht sehen – das muss man spüren. Am besten schon vom ersten Moment an.

Dann macht nicht nur das Heiraten selbst, sondern schon die Vorbereitung irre viel Spaß und Freude und ist am Ende jede Investition von allen Seiten absolut wert gewesen. Denn sind wir mal ehrlich: den ideellen Wert einer Trauung - von Liebe und Gefühlen, die eine solche Zeremonie zum Vorschein bringt - kann man sowieso nicht in Zahlen messen.

Fotocredits

Titelbild: Heiko Richter
Bilder im Text: Goldine Fotografie | Heiko Richter | Paul Träger